GerElb1871 - Job - 6

6:1  Und Hiob antwortete und sprach:

6:2  O daß mein Gram doch gewogen würde, und man mein Mißgeschick auf die Waagschale legte allzumal!

6:3  Denn dann würde es schwerer sein als der Sand der Meere; darum sind unbesonnen meine Worte.

6:4  Denn die Pfeile des Allmächtigen sind in mir, ihr Gift trinkt mein Geist; die Schrecken Gottes stellen sich in Schlachtordnung wider mich auf.

6:5  Schreit ein Wildesel beim Grase, oder brüllt ein Rind bei seinem Futter?

6:6  Wird Fades, Salzloses gegessen? Oder ist Geschmack im Eiweiß?

6:7  Was meine Seele sich weigerte anzurühren, das ist wie meine ekle Speise.

6:8  O daß doch meine Bitte einträfe, und Gott mein Verlangen gewährte,

6:9  daß es Gott gefiele, mich zu zermalmen, daß er seine Hand losmachte und mich vernichtete!

6:10  So würde noch mein Trost sein, und ich würde frohlocken in schonungsloser Pein, daß ich die Worte des Heiligen nicht verleugnet habe.

6:11  Was ist meine Kraft, daß ich ausharren, und was mein Ende, daß ich mich gedulden sollte?

6:12  Ist Kraft der Steine meine Kraft, oder ist mein Fleisch von Erz?

6:13  Ist es nicht also, daß keine Hülfe in mir, und jede Kraft aus mir vertrieben ist?

6:14  Dem Verzagten gebührt Milde von seinem Freunde, sonst wird er die Furcht des Allmächtigen verlassen.

6:15  Meine Brüder haben sich trügerisch erwiesen wie ein Wildbach, wie das Bett der Wildbäche, welche hinschwinden,

6:16  welche trübe sind von Eis, in die der Schnee sich birgt.

6:17  Zur Zeit, wenn sie erwärmt werden, versiegen sie; wenn es heiß wird, sind sie von ihrer Stelle verschwunden.

6:18  Es schlängeln sich die Pfade ihres Laufes, ziehen hinauf in die Öde und verlieren sich.

6:19  Es blickten hin die Karawanen Temas, die Reisezüge Schebas hofften auf sie:

6:20  sie wurden beschämt, weil sie auf sie vertraut hatten, sie kamen hin und wurden zu Schanden.

6:21  Denn jetzt seid ihr zu nichts geworden; ihr sehet einen Schrecken und fürchtet euch.

6:22  Habe ich etwa gesagt: Gebet mir, und machet mir ein Geschenk von eurem Vermögen;

6:23  und befreiet mich aus der Hand des Bedrängers, und erlöset mich aus der Hand der Gewalttätigen?

6:24  Belehret mich, und ich will schweigen; und gebet mir zu erkennen, worin ich geirrt habe.

6:25  Wie eindringlich sind richtige Worte! Aber was tadelt der Tadel, der von euch kommt?

6:26  Gedenket ihr Reden zu tadeln? für den Wind sind ja die Worte eines Verzweifelnden!

6:27  Sogar den Verwaisten würdet ihr verlosen, und über euren Freund einen Handel abschließen.

6:28  Und nun, laßt es euch gefallen, auf mich hinzublicken: euch ins Angesicht werde ich doch wahrlich nicht lügen.

6:29  Kehret doch um, es geschehe kein Unrecht; ja, kehret noch um, um meine Gerechtigkeit handelt es sich!

6:30  Ist Unrecht auf meiner Zunge? oder sollte mein Gaumen Frevelhaftes nicht unterscheiden?